„Die steirische Gemeindereform ist der größte Anschlag auf die Eigenständigkeit der ländlichen Regionen seit dem Bestehen der 2. Republik.“ So lautete der engagiert vorgetragene Generalbefund von Prof. Max Taucher bei der Info-Veranstaltung der BI letzten Donnerstag. Rund 350 BürgerInnen folgten der Einladung der BI „Für eine lebenswerte Stanz“ am Donnerstag den 6. Juni 2013 in die Kulturhalle Stanz. Folgendes hat sich zugetragen:
Den Beginn machte Bgm. Sander, der die Vorteile der Gemeindereform vortrug. Es folgte eine Aufzählung von Schlagworten wie u.a. Betriebsansiedlungen, betreutes Wohnen, Citybus und Essen auf Rädern. Konkrete Konzepte wie das alles umgesetzt werden soll blieb Bgm. Sander auch auf Nachfrage schuldig. Alles bleibt gleich, manches soll besser werden und über zahlreiche wichtige Themen verwies Bgm. Sander auf sein Bauchgefühl, weil vieles eben noch nicht abschätzbar ist. Sich beim drohenden Verlust der Eigenständigkeit auf das Bauchgefühl zu verlassen war den StanzerInnen zu wenig. Wiederum wurde für die BI erkennbar, dass keine Konzepte vorhanden sind, die auch nur annähernd einer kritischen Prüfung standhalten. Man gewann den Eindruck, dass vorher auf Geheiß von oben fusioniert und anschließend nachgedacht werden soll.
Den zweiten Vortrag hielt Prof. Max Taucher, der sich prononciert gegen Fusionen und für Mehrzweckverbände aussprach. „Bevor man heiratet ist es g’schickt sich zu verloben, um sich wirklich kennen zu lernen. Heiraten kann man dann immer noch“ führt Prof. Taucher verschmitzt aus. Eine Stärkung des Zentralraumes führt zur Schwächung der Peripherie, so Taucher weiter. Postämter und Gendarmerieposten sind schon verschwunden und jetzt sind die Gemeindeämter dran. Man nimmt den BürgerInnen damit die letzten konkreten Ansprechpartner für ihre Probleme vor Ort.
Altbürgermeister Pilz aus Rohrmoos-Unterthal, der 20 Jahre lang eine der wichtigsten Tourismusgemeinden der Steiermark geleitet hat, ist vom Reformprozess enttäuscht. „Es bleibt völlig undurchschaubar, warum manche fusionieren müssen und andere eigenständig bleiben dürfen. Die Bürger werden behandelt wie Untertanen, aber sie sind mündig genug, das selber zu entscheiden!“. Für dieses Statement erntete er brandenden Applaus. Pilz verglich den Reformprozess mit dem Weinskandal, wo zwar flotte Etiketten auf den Flaschen waren aber der Inhalt mitunter von zweifelhafter Qualität war. „Nicht das Etikett sondern der Inhalt ist wichtig. Und da hapert es gewaltig bei diesem Reformprozess.“ führt Pilz weiter aus. Und er zieht einen weiteren Vergleich mit dem damaligen EU-Beitritt: „Was wurde da nicht alles versprochen, und wie sieht die Realität heute aus?“
In der folgenden Diskussion wurden zahlreiche Themen angesprochen. Besonders kritisch wurde die Arbeit in den Arbeitsgruppen gesehen. Angesprochen auf deren Ergebnisse wurde darauf verwiesen, dass es noch keine Ergebnisse gibt und außerdem bis zum Abschluss der Arbeitsgruppen die Geheimhaltung gilt. Das wurde von anwesenden Mitgliedern einzelner Arbeitsgruppen massiv kritisiert. Diese haben auch angekündigt, ob der in den Arbeitsgruppen herrschenden „Demokratur“ ihre Arbeit niederzulegen. Insofern bestätigt sich für die BI die schon immer gehegte Vermutung, dass die Arbeitsgruppen zur Beschäftigungstherapie dienen und sich dort zu allem Überdruss auch noch Auflösungserscheinungen breit machen. Dass diese Einschätzung der BI nicht ganz von der Hand zu weisen ist wurde eindrucksvoll von AltBgm. Pilz bestätigt, der beispielsweise die Verhandlungen über zukünftige Gebühren als völlig sinnlos bezeichnete. Darüber hat nach der nächsten Wahl der neue Stadtrat zu entscheiden und nicht 4 Bürgermeister, die jetzt nicht garantieren können, ob sie nach der nächsten Wahl überhaupt noch im Sattel sitzen. Dasselbe gilt übrigens auch für die versprochenen Stadtratsposten, kurzum alles Schall und Rauch.
Wir von der BI meinen abschließend, dass es unter den derzeitigen Umständen nicht schlau ist, für eine Fusion zu stimmen. Zu viele Punkte sind ungewiss, viele Grundlagen nicht vorhanden. Belastbare Konzepte fehlen, es wird ausschließlich parteipolitisch gedacht. Noch dazu wird es zu Erhöhung der Gebühren kommen. Dazu in Kürze mehr. Seien sie gespannt auf einen Bericht über Vergangenes der Stanzer Gemeindepolitik und Zukünftiges.